Im Rahmen eines Schulprojektes habe ich meinen Großvater interviewt und ihn zu seinen Kriegserlebnissen aus dem Zweiten Weltkriegen befragt.
Er erzählte mir, dass 1944, als knapp 14-Jähriger, seine Wehrertüchtigungszeit hinter sich hatte. Am 16. September kehrte er aus Orsoy nach Nütterden und bereits am Sonntag, dem 17. September, während die meisten Kinder entweder auf der Nütterdener Kirmes befanden oder der Sontagsmesse lauschten, landeten die Engländer zwischen Kranenburg und Wyler mit Lastenseglern und Fallschirmjägern.
Die Kirche, in der sich mein Großvater zu diesem Zeitpunkt aufhielt, stand daraufhin unmittelbar unter schwerem Beschuss und er müsste sie durch die Sakristei verlassen. In Frasselt starben an diesem Morgen elf Zivilisten, darunter auch Kinder. „Die Luft war voll von Jabos, Jagdbomber“, so mein Opa, die auf alles schossen, was sich bewegte. „Es war eine schlimme Zeit.“
Die feindliche Artillerie schoss jeden Tag die Granaten auch auf Nütterden ab. Die Soldaten, die bei der Familie meines Großvaters auf dem Heuboden mit Blick auf Wyler und Zyflich einen Beobachtungposten hatten, konnten die Kämpfe um den Teufelsberg in Wyler mit ihren Fernrohren gut beobachten. Während der Nachtstunden, die sich im Schulbunker verbringen mussten, sahen er und seine Schulkammeraden den Himmel über Arnheim, hell erleuchtet – die Leuchtmunition am Himmel sahen furchterregend aus, und die Explosionen waren gut zu hören. Wenn die Artilleriegeschosse durch die Luft flogen, konnte man schon am Geräusch hören, ob sie weit weg oder in der Nähe einschlugen.
Am 7. Oktober wurde dann Kleve durch einen mit mehreren Hundert Bombern durchgeführten Luftangriff dem Erdboden gleichgemacht. „Bomben schwebten in langen Ketten auf Kleve zu.“ Mein Großvater beschrieb, wie die Erde zitterte. Die spärliche Luftabwehr konnte nicht viel erreichen. Ein Bomber jedoch erlitt unter dem Jubel meines Großvaters und dessen Freunden einen Volltreffer. Der Jubel währte allerdings nicht lange – schon im nächstem Augenblick lag mein Großvater auf der Nase, denn die “ Tommys“ (britische Soldaten), die in Wyler stationiert waren, hatten es gesehen und deckten das Lager mit Artilleriefeuer ein.
Am Abend marschierten junge Soldaten in Richtung Wyler – nur wenige kamen am nächsten Morgen zurück. Ihre toten Kammeraden trugen sie in Zeltplanen gehüllt mit sich. Da mein Großvater und seine Freunde Messdiener waren, mussten sie die Opfer am nächsten Morgen mit dem Pastor, der ein paar Gebete sprach, begraben. Im Hintergrund konnte man noch den ohrenbetäubenden Jagdbomberbeschuss vernehmen. Kurz darauf wurde Nütterden zur Hauptkampflinie erklärt und alle Zivilisten mussten evakuiert werden.
Niklas Fockenberg, Kleve, Konrad-Adenauer-Gymnasium