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Ein Abend in der Essener Philharmonie

von Ekaterina Moltschanov, Klasse 8d, Carl Friedrich von Weizsäcker-Gymnasium, Ratingen

Der geräumige Raum der Philharmonie bietet ausreichend Platz für die ankommenden Gäste. Auf dem glänzenden Fliesenboden hört man die Absätze der schick gekleideten Damen, die von ihren Kavalieren begleitet werden. Hier trifft man keinen Teenager in Jogginghose und Sweatshirt, denn es ist bekannt, dass es an Orten wie der Philharmonie, nach längst etablierten Regeln üblich ist, den Dresscode einzuhalten.

Wenn man die Treppe hinaufgeht und den richtigen Platz gefunden hat, kann man den Blick auf den Saal genießen. Dieser ist in zwei Seiten geteilt: eine für die Musiker:innen und der restliche Bereich für das Publikum. Auf der Bühne sitzen bereits einige Orchestermitglieder und bereiten sich auf das Konzert vor. Wenn man den Blick nach oben richtet, fällt sofort die weit oben liegende Orgel ins Auge. Eine große Anzahl von Metallrohren unterschiedlicher Größe lässt die Kanzel der Orgel selbst winzig erscheinen. Die Zuschauer:innen sitzen gestaffelt in vielen Reihen dem Orchester gegenüber.

Es ist laut im Saal, bis die Moderatorin auf die Bühne kommt. Sie stellt die beiden Komponisten vor: Sergei Rachmaninow und Peter Tschaikowskys Musik wird bei diesem Konzert erklingen. Bald kommt der Dirigent unter tosendem Applaus auf die Bühne. In glänzenden schwarzen Schuhen und in einem Frack verbeugt er sich und stellt sich auf das für ihn vorbereitet Podest. Zwischen ihm und der Moderatorin entsteht ein kurzer Dialog, der das Publikum mit Teilen von Rachmaninows zweiter Sinfonie vertraut macht.

Der Leiter des Orchesters versucht die passenden Worte für die Musik zu finden, doch schnell stellt sich heraus, dass es nichts Besseres gibt, als sie zu hören. Er schüttelt die Hände und die Zuschauer:innen tauchen mit dem Orchester in die Musik ein, als ob sie einem Zauber erliegen würden. Nachdem die Musiker:innen die gewünschte Melodie vorgespielt haben, dreht der Dirigent sich um und nimmt den Applaus entgegen. Danach folgen noch ein paar Fragmente, und eines davon beschreibt der Dirigent sehr kurz und deutlich, es wurde nur das Wort „R-R-Rachmaninow“ für den ganzen Saal ausgesprochen! “R-R-Rachmaninow“ — so kann man das Ende der Symphonie nach Meinung des Musikers beschreiben.

Aber das heutige Konzert wird bei Weitem nicht mit Rachmaninows zweiter Symphonie beginnen. Ein Solist erscheint auf der Bühne. Der Cellist setzt sich links vom Dirigenten und sobald der Saal still ist, beginnt das Konzert endlich. Die Klänge von Tschaikowskis „Variation zum Thema Rokoko“ füllen den Saal. Die Einheit des Orchesters ist mit dem Cello-Solo verwoben, verbindet sich aber in keiner Weise mit ihm. Manchmal schweigt das Orchester, dann schenkt der Solist sein Spiel den Zuhörer:innen, und manchmal pausiert das Cello. Das Publikum im Saal sind begeistert! Es wird mehrmals „Zugabe“ gerufen und der Solist spielt ein paar einzelne Stücke. Das Publikum klatscht wieder enthusiastisch.

Bevor der Solist die Bühne verlässt, erhält er von der Moderatorin einen Blumenstrauß, den er am Ausgang einer der Violinisten gibt. So endet der erste Teil des Konzerts. Die Orchestermusiker:innen stehen von ihren Sitzen auf und verlassen die Bühne. Die Zuschauer:innen nutzen die kleine Pause, um eine Etage tiefer etwas an der Bar zu bestellen und die Eindrücke miteinander zu teilen.

Nach 15 Minuten beginnen die Leute langsam wieder in den Saal zu gehen und sich auf ihre Plätze zu setzen. Nachdem sie ein wenig gewartet haben, öffnet sich die Tür und die Orchestermitglieder kommen bereits in voller Besetzung auf die Bühne. Die Musikerinnen in schwarzen Kleidern und die Musiker in schwarzen Anzügen halten ihre Instrumente in der Hand und nehmen ihre Plätze ein. Die Geigen links, die Bratschen rechts, etwas höher stehen die Kontrabassist:innenen, die Bläser:innen positionieren sich mittig, und ganz hinten nehmen der Tellerhalter, der Xylaphonist sowie der Schlagzeuger und Pauker ihre Plätze ein. Diese vier sollte man während der gesamten Symphonie besonders im Auge behalten, denn ihre Partie kann nur selten explizit rausgehört werden, dabei ist sie die interessanteste.

Die vier Teile der Symphonie, bei der sich ein Thema in allen Teilen wiederholt, wird zu keinem Zeitpunkt langweilig und ist ziemlich schnell vorbei. Am Ende schwingt der Dirigent die Arme intensiver und jetzt wird klar, warum hinter ihm eine kleine Trennwand auf dem Pult steht. Emotionen zu beobachten, die er nicht nur mit seinen Händen, sondern auch mit seinem Gesichtsausdruck vermittelt, ist wahrscheinlich nach der Beobachtung des Orchesters, eine der interessantesten Aktivitäten. Die Art und Weise, wie die Orchestermusiker:innen jedes Thema aufgreifen, es fortsetzen und weiterführen, überrascht das Publikum.

Jede Note trägt die Seele des Komponisten in sich, die wahrlich zart und geräumig ist – ähnlich wie die Heimat von Sergei Rachmaninow. Die Bögen werden angespannt, und die Bläser:innen müssen tiefer einatmen, denn der Moment, den der Dirigent so anschaulich beschrieben hat, ist schon nahe und siehe da…„TAN-TA-TA-TAN“. Das Publikum zuckt und bricht sofort in Applaus aus. Von Weitem hört man „Bravo!“. Die Menschen stehen von ihren Sitzen auf und klatschen unaufhörlich in die bereits erröteten Hände.