Sind Schulen in Singapur streng? – Schulsystem in Singapur

Vizeweltmeister in Mathematik, jeweils Bronze in Lesekompetenz und Naturwissenschaft: Singapur hat laut PISA-Studie von 2012 zusammen mit anderen asiatischen Ländern das erfolgreichste Bildungssystem weltweit – aber kann es auch Vorbild für andere Länder sein?

Auf welche Weise man Kinder zu erfolgreichen Menschen erzieht, ist in Deutschland sehr umstritten. Viele Erwachsene finden das asiatische Leistungsprinzip inspirierend und möchten es kopieren. Andere sagen, es sei viel zu streng und zerstöre die Kindheit.
Aber wie fühlen sich eigentlich Kinder, die zum Beispiel in Singapur zur Schule gehen? Wie funktioniert das Schulsystem in Asien überhaupt? Leiden die Schüler und Schülerinnen unter dem Druck oder empfinden sie ihn als ganz normal? Olivia Elias (14) und York Min (15) aus Singapur erzählen von ihren Erfahrungen, Beobachtungen und Meinungen.
,,Ein typischer Schultag sieht bei mir so aus”, erklärt Olivia von ,,Henderson School”: ,,Um 6.30 Uhr aufstehen, den Bus um 7 Uhr kriegen und dann um halb acht in der Schule sein. Wir dürfen nicht zu spät in die Schule kommen, weil wir sonst Ärger mit dem Schulleiter bekommen.” York besucht die ,,Anglo Chinese School” und dort ist es ganz ähnlich: ,,Um halb acht geht’s los und wir können schon zum Mittagessen wieder zu Hause sein.”
Olivia erklärt, dass sie ihre Schule nicht besonders mag: ,,An meiner Schule stört mich, dass alles unheimlich streng ist und wir jeden Tag zu viel Hausaufgaben bekommen. Außerdem schreiben wir fast jede Woche eine Klassenarbeit in jedem Hauptfach.” York mag die Atmosphäre unter Schülern nicht und sagt: ,,Viele Schüler sind nur auf sich selbst fokussiert und wollen anderen nicht bei ihren Problemen helfen. Sie möchten viel lieber selber hart studieren und gute Noten bekommen”. Schließlich stehen sie im Wettbewerb mit ihren Mitschüler. Der Lehrer sagt regelmäßig, auf welchem Rang ein Schüler steht. Sie sehen sich eher als Konkurrenten.
Um ständig besser zu werden und dem Anspruch von Lehrern aber auch Eltern gerecht zu werden, bekommen Olivia und York – wie die meisten singapurischen Schüler – nach dem Unterricht zusätzlich Nachhilfe. York sagt, dass sie sogar in den Ferien private Nachhilfestunden bekommt. Dabei seien die Schulferien ohnehin schon viel zu kurz, ergänzt Olivia. „Wir haben nur dreimal im Jahr Ferien. Jeweils zwei Wochen im Sommer und Winter, dazu noch eine Woche zum Chinesischen Neuen Jahr.” Gemein finden beide, dass direkt nach den Schulferien Arbeiten geschrieben werden. Wer in den Klassenarbeiten schlechte Noten bekommt, muss Angst haben, nach dem nächsten Schuljahr in eine schwächere Klasse zu kommen. Die besten 20 Prozent der Schüler dürfen dagegen in eine Art Eliteklasse. Das sei der Traum fast aller Eltern, sagen Olivia und York übereinstimmend. Auch deshalb strengen sie sich weiter in der Schule an. Sie wissen, dass sie nur mit guten Noten an gute Universitäten kommen. „Und da geht dann der Stress weiter”, sagt Olivia und beide lachen.

Stella Barlian, 9, International School Of Düsseldorf