Weniger ist mehr – Die Fernseh-Diät

„Wenn das so weitergeht dann kommt die blöde Glotze weg!“ Diesen Satz hatten sich meine Schwester und ich öfter anhören müssen: als wir uns wieder mal um die Fernbedienung gestritten hatten, vom Esstisch wegen einer Sendung aufgestanden waren oder am Wochenende den zweiten Film unbedingt noch sehen mussten. Als es unseren Eltern zu bunt wurde, machten sie die Drohung wahr! Der Fernseher kam in den Keller. Meine Schwester brach über diese Ungerechtigkeit in Tränen aus.

So hätten aber 32 Prozent der Kinder zwischen fünf und 15 Jahren in Deutschland wahrscheinlich auch reagiert, denn laut einer Umfrage ist der Fernseher der Gegenstand, den sie mit auf eine einsame Insel nehmen würden. Circa 75 Prozent aller deutschen Kinder von drei bis 13 Jahren sehen täglich fern, jedes dritte Kind hat einen Fernseher im Zimmer (alte Bundesländer). Doch schadet Fernsehen Kindern und Jugendlichen überhaupt?

Angeblich mache Fernsehen blöd, vor allen Dingen weil das Fernsehprogramm immer niveauloser werde und besonders Kinder dies nicht einschätzen könnten. Laut einer neuseeländischen Studie weisen Menschen, die im Alter von fünf bis 16 Jahren regelmäßig und viel ferngesehen haben, im Alter von 26 ein niedrigeres Bildungsniveau auf als solche, die wenig ferngesehen haben. Aber es gibt durchaus Meinungsunterschiede unter Wissenschaftlern. Fest steht: Fernsehen kann Kleinkindern erhebliche Schäden in der Entwicklung zufügen, da sie mit all den Sinneseindrücken noch nicht umgehen können. Und bei Jugendlichen? Laut Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien kann Fernsehen ab dem Grundschulalter durchaus sinnvoll sein, da „der Erwerb von Medienkompetenzen wichtige persönliche und berufliche Entwicklungsmöglichkeiten eröffnet und unverzichtbar für ein Leben in der modernen Informationsgesellschaft ist“. Doch viele Jugendliche vernachlässigen Schule, Sport und soziale Kontakte wegen dem Fernseher. Was nicht nur dümmer, sondern auch unglücklicher macht …

Als der Fernseher aus meinem Leben gerissen wurde, hatte ich öfter Zeit für ein Buch, Verabredungen mit Freunden oder ein Abendessen mit der Familie. Auf der anderen Seite konnte ich nun in der Schule nicht mehr über die Sendung vom Vorabend mitreden. So beschlossen wir jedes Wochenende einen Film auszuleihen. Das Fernsehen schlich sich so langsam zurück in unser Leben. Öfter ertappte ich nun meine Mutter vor dem Livestream ihrer heißgeliebten Tatorte und wir überlegten einen neuen Fernseher zu kaufen. Diesmal aber einen mit Passwortsperre plus Recorder, damit unser Alltag nicht von Sendezeiten bestimmt wird und die Werbung gefiltert werden konnte. Und so hatten wir kurz darauf einen nagelneuen LED. Das Prinzip mit der Passwortsperre hatten meine Eltern irgendwie vergessen, trotzdem schaltete ich den Fernseher nur ein, wenn meine Lieblingsserie lief. Bei mir zeigte die Fernseh-Diät Wirkung. Bei meinen Eltern weniger. Sie schauten fast jeden Abend Krimis oder Fußball. Sollte ich sie mal daran erinnern, warum wir auf die Glotze verzichtet haben?

Alina Matzerath, Düsseldorf, Humboldt-Gymnasium